Translate

Samstag, 22. August 2015

Verdrängung

Samstag 22.08.2015 - 08.10 

Draußen startet wieder einmal ein wunderbarer Sommertag. Der Himmel ist strahlend blau und die Sonne klettert langsam hinter den Tannen hinauf. Auf meinem hinteren Lieblingsbalkon,  auf dem natürlich schon mein Sonnenschirm aufgespannt ist, ist es so herrlich ruhig. Nur ein leises Rauschen vom städtischen Verkehr ist zu hören, aber ansonsten ist es einfach ruhig um diese Zeit. 

Das sind Momente, in denen ich mein Leben wirklich genieße und einfach glücklich bin. "Was will ich mehr?" Ich habe keine Schmerzen, die Lichtempfindlichkeit ist leicht zu handhaben, beruflich bin ich auf dem Weg 
und Normalität kehrt langsam zurück. 

Gestern frug mich jemand, wie es mir gehen würde. "Och, eigentlich richtig gut. Die Schule hat begonnen, im Atelier kommen die Schüler langsam aus den Sommerferien zurück und alles andere läuft seinen Weg." "Und wie geht's ihrem Auge?" "Dem geht's auch gut, keine Schmerzen, keine  Lichtempfindlichkeit. Nur das ich sicher sein kann, dass irgendwann eine erneute Operation erfolgt, weil die Abstoßung der Hornhaut nicht mehr aufzuhalten ist."

Fast in einem Nebensatz erwähnte ich nur noch die Abstoßung der Hornhaut und wechselte ganz schnell das Thema. Mein Gegenüber schaute sehr erschrocken und ich bemerkte, dass es eine gewisse Sprachlosigkeit auslöste. 

Die Hornhautabstoßung in einem Nebensatz fast beiläufig bemerkt ... ja, das habe ich und muss die ganze Zeit daran denken, wie beiläufig ich das getan habe.

Für mich ist das kein Zeichen dafür, dass ich nun alles hinter mir habe, sondern eher, ein Zeichen meiner Verdrängungskunst. 

Es scheint mir, als säße ich im Flur der Uniklinik, warte auf eine erneute Transplantation und baue mir ... so ganz nebenbei .... ein neues Leben auf. Wie absurd dieser Gedanke und dennoch trifft er genau meine Gefühle. - Für mein Leben brauche ich Optimismus, Ausdauer, Kraft, Zuversicht und Überzeugungskraft.

Wie kann ich das schaffen, wenn ich auch nur im Ansatz meine Angst vor dem Kommenden in meinen Kopf zulasse; meine Angst vor der dritten Transplantation, den eventuellen Schmerzen und einem eventuellen Scheitern meiner bisherigen, manchmal so schweren Existenzarbeit? 

Der Mensch ist ein komisches Tier. Im Moment macht mein Unterbewusstsein genau das, was ich zum "Überleben" benötigen ... Verdrängen. 


Sonntag, 16. August 2015

Unmenschliche Ärzte

... manchen ist ihr Ego wichtiger, als der Patient

Sonntag - 16.08.2015 - 08.35

Zwar könnte ich heute ausschlafen, aber bereits um 06.30 war ich war. - Keine Ahnung warum, aber da ich die morgendliche Ruhe mitten in der Stadt sehr mag, stand ich auf. Draußen sind nur noch 18 Grad. Ein Glück. Die letzten Tage waren es immer so um oder sogar weit über 30 Grad. - ich wusste gar nicht, wie schnell ich schwitzen sollte, um es kühler zu bekommen.

Heute morgen ist das anders. Der Himmel ist bedeckt, an meinen Balkonpflanzen kann ich sehen, dass es vor kurzem erst geregnet hat und es ist ... wie gesagt ... angenehm kühl.

Wiedermal sitze ich mit geschlossenen Augen vor dem Computer und versuche meine Gedanken in Sätze zu formen.

Meine Augen sind geschlossen, nicht weil mein "Trio infernale" wieder da ist, sondern mein Auge morgens nach dem Aufstehen, einfach geschlossen bleiben will. Es dauert mindestens eine Stunde, bevor es sich schickt, sich zu öffnen. - Im Moment genieße ich es, die Augen geschlossen zu halten. Es hat etwas vertrautes, etwas das ich kenne. 

Im Moment kreisen meine Gedanken um ein junges Mädchen, deren Eltern mir schrieben. - Sie beschrieben die Behandlungsweise, die ihrer Tochter von einem Professor, der sich mit AK gut auskennt. Das mag ja wohl sein, denn sonst wäre er nicht Professor geworden. Aber menschlich scheint er eine absolute Null zu sein.

Um sicher festzustellen, dass ein Auge von AK befallen ist und nicht etwas anderes vorliegt, können Ärzte auch eine Abschabung der betroffenen Hornhaut machen. An dieser Stelle erwähne ich nur, dass es Mitten auf der Hornhaut ist. Diese Abschabung wird nur mit örtlicher Betäubung gemacht, sonst nichts. Dieses junge Mädchen hat die Abschabung in kürzester Zeit bereits drei mal über sich ergehen lassen müssen. - Ein Wunder, dass sie sich von diesem Professor nicht mehr behandeln lassen möchte?!

Da dieses junge Mädchen, für mich durchaus nachvollziehbar, Angst vor der Behandlung hatte, zuckte sie zurück, beziehungsweise reagierte. Der Professor wies an, dass ihr Kopf von den Assistenzärzten festgehalten werden sollte. - Als das auch nicht klappte, verließ er wütend den Raum. Der Patient wisse doch, wie ungeduldig er wäre.

Solch einem Arzt sollte man verbieten, Menschen zu behandeln. 






Es ist so wichtig, dass man sich als AK Patient gut bei seinem behandelnden Arzt aufgehoben  und sicher fühlt. - Wie unfähig ist dieser Mann.

Ich schlage vor, alle Ärzte bekommen Tropfen, die ähnliche oder dieselben Symptome hervorrufen, die
AK verursacht. Sagen wir mal .... für eine Woche. Es würde sicherlich einiges an der Behandlungsmethode verschiedener Ärzte verändern.

Sagt man nicht, ein kranker Arzt (bzw. ein Arzt, der selbst schon mal schwer krank war) ist der beste Arzt?


Dienstag, 4. August 2015

Warteschleife

 ... oder das Leben mit der Hornhautabstoßung

Montag, 03.08.3015 - 09.00 

Der Sommer ist zurück und ein strahlend blauer Himmel mit praller Sonne erwartete mich vorhin auf meinem Lieblingsbalkon. Noch immer ist meine Sonnenbrille mein treuer Begleiter und ich wage es nicht, ohne ... den Balkon zu betreten oder auch das Haus zu verlassen. Meine Sonnenbrille ist immer dabei, auf meinem Kopf, wie ein Stirnband, dass die Haare zurückhält. 

Dies ist der erste Sommer nach drei Jahren, in dem ich mich nicht vor der Sonne versteckte. Das ist so unfassbar für mich, dass ich die sommerliche Stimmung draußen auf der Straße, im Park und überhaupt aufsauge, wie ein Schwamm. Immer dabei ist die Angst, dass es ganz schnell wieder vorbei sein kann. 

Eigentlich will ich über meine Angst nicht schreiben, will einfach mein Leben wieder auf die Reihe bekommen und an einem normalen Alltag stricken. Aber sie holt mich ein, diese Angst. Ich hätte nie gedacht, dass sie so präsent ist im Unterbewußtsein. 

Meine Psyche hat es bisher geschafft, vieles einfach auszublenden. So kann ich mich z.B. nicht mehr an die drei Wochen Klinikaufenthalt erinnern, als es im Oktober letzten Jahres so dramatisch wurde und ich beinahe mein Auge verloren hätte. Fast alles ist ausgeblendet; die Schmerzen, das Morphium, die Zeit vor der Operation oder besonders nach der Operation. Ich kann mich auch noch kaum daran erinnern, welche Medikamente ich bekam. Und das betrifft sogar die Medikamente, die ich auswenig runterrappeln konnte und die so lange mein Begleiter waren. Einfach ausgeblendet. 

Im Moment nehme ich Floxal Tropfen, um eine eventuelle Infektion unter der Verbandskontaktlinse zu verhindern und für die Nacht Isopto-Max Creme. kein Brolene mehr!! Das nehme ich übrigens aus eigenem Antrieb seit Januar oder Februar nicht mehr. 

Beim letzten Verbandskontaktlinsenwechsel in der letzten Woche sagte meine Ärztin, das wäre ok und man dürfte davon ausgehen, dass  die Akanthamöben verschwunden sind. toi, toi, toi. - Ich klopfe auf Holz, denn so richtig glauben mag ich es nicht. 

Ganz langsam und manchmal auch mit großen Schritten kommt ein neuer Alltag in mein Leben. Während der letzten drei Jahre hat mich der Gedanke an diesen normalen Alltag, den ich ja irgendwann wieder haben werde, aufrecht erhalten. - Nur ist es völlig anders, als ich erwartet habe.

Mein Auge ist noch nicht gesund. Nach der zweiten Hornhauttransplantation im Oktober 2014 wird auch diese abgestoßen. Wie schnell, weiß ich nicht. Aber sie wird abgestoßen. Die Ärzte versuchen durch die Verbandslinse und Medikamente die Abstoßung so lang aufzuhalten, wie es möglich ist, bis ... sich mein Auge von der letzten OP erholt hat.

Erst dann wird eine geeignete Hornhaut gesucht und in einer OP transplantiert. Wenn ich Glück habe, wird mir gleichzeitig eine neue Kunstlinse eingesetzt. Ja und dann ... dann kann ich vielleicht auf dem kranken Auge wieder etwas sehen.