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Samstag, 28. Februar 2015

Der Zorn verschwindet

Der Zorn darüber, dass mein Leben nicht mehr so wie vor AK sein wird, verschwindet. 

Samstag - 28.02.2015 - 07.30 Uhr

Obwohl ich es kenne, bin ich Samstags Morgen um diese Zeit immer wieder überrascht, wie ruhig es mitten in einer Großstadt sein kann. Seit mein Auge erkrankt ist, sind es eher die Geräusche auf die ich achte. Und wie aus Gewohnheit, sitze ich mit geschlossenen Augen vor dem PC, fange meine Gedanken ein und lass sie in die Tastatur fließen. 

Ich habe dann das Gefühl, ganz bei mir zu sein und meine Gedanken einfach nur in Worte zu fassen. So schlimm ich das am Anfang der Krankheit empfand, da ich Rechtschreibfehler nicht sofort erkannte und meine Finger manchmal einfach zu schnell auf der Tastatur waren, so angenehm empfinde ich es nun.

In den letzten zwei Jahren hat sich mein "Augenmerk" (ein interessantes Wort im Zusammenhang mit meiner Augenerkrankung) auf meine anderen Sinne gerichtet und ich beginne zu akzeptieren, dass ich mein altes Leben, so wie ich es vor AK kannte, nicht zurückbekommen werde. 

Aber die Natur oder sagen wir mal der Mensch ist so fantastisch, dass ich an mir bemerke, wie sich langsam, ganz langsam und nicht immer ohne Widerspruch von mir, sich etwas anderes ... eine andere Lebenslinie herausbildet. Mittlerweile ist der Zorn über diese "erzwungene" Lebensänderung verschwunden und macht Platz für große Neugierde auf das, was sich an bisher nicht wahrgenommenen Fähigkeiten zeigt. 

Vielleicht hat sich diese Ruhe auch eingestellt, weil ich mittlerweile seit fast zwei Monaten Schmerzfrei bin. Die Lichtempfindlichkeit geht stetig zurück und ich kann mich auf meine berufliche Existenz konzentrieren. 

Sie ist wieder da, die kreative Leichtigkeit. Ich setze sie nur anders ein, als vor AK. 

In meinem Atelier. Fotos von Bildern, die ich zu einer Ausstellung schicke. 


Keine Schmerzen, keine große Lichtempfindlichkeit und kein tränendes Auge mehr. Mein krankes Auge ist sozusagen blind, da ich keine Linse mehr im Auge habe. Sie wurde mir bei meiner zweiten Transplantation im Oktober 2014 entnommen, weil man nicht wusste, wo sie befestigt werden sollte. Nun gut, das war mir nicht das Wichtigste. Ohne Schmerzen zu sein und die Lichtempfindlichkeit ertragen zu können, stand als einziges auf meiner Wunschliste. - Und beide Wünsche wurden erfüllt. 

Im Moment versuche ich mich, mit der Langsamkeit abzufinden. Die ist kein Problem, wenn ich mein Tempo allein bestimmen kann, wenn ich Sachen in Ruhe vorbereiten kann, wenn ich Ruhe habe, sie in meinem Tempo auszuführen. So wie jetzt gerade. Ich denke, tippe, mache Pause und mache weiter.

Ich empfinde es aber als Problem, wenn ich nicht gut vorbereitet in Stress gerate ... in Unterrichtsstunden zum Beispiel. Vor AK ... war es eine leichte Übung für mich, in solchen Situationen zu improvisieren, schnell zu reagieren. - Damit ist nun vorbei. 

Gerade in solchen Stressminuten bemerke ich, wie es mich behindert, nur mit einem Auge sehen zu können. 
Das Perspektivische Sehen gibt es überhaupt nicht mehr und darum schmeiße ich in solchen Stressminuten viel um und greife daneben.  Für mich bedeutet das ... nur noch ausgesprochen gut vorbereitet zu unterrichten, auf alles vorbereitet zu sein und alles, aber wirklich auch alles griffbereit liegen zu haben. 

Eigentlich ist die Improvisation immer meine Stärke gewesen, aber im Zusammenhang mit unterrichten ist damit nun vorbei. Gedanklich mag und liebe ich es immer noch. Wenn ich entspannt bin, wie jetzt sprudeln die Ideen in meinem Kopf nur so. Aber diese Gedanken dann schnell ins Praktische umzusetzen, damit ist es vorbei.

Mein Auge ist zwar noch nicht gesund und ich weiß schon jetzt, dass eine dritte Transplantation auf mich wartet, aber in dieser Zeit der Schmerzlosigkeit erkenne ich so viele "neue" Fähigkeiten in mir, dass ich mich darauf freue, mich neu kennenzulernen. 


Übrigens ... ein sonniger Tag beginnt und ich freue mich drauf :-)





Montag, 23. Februar 2015

Eine Zeit ohne Schmerzen

Montag, 23.02.2015 - 11.00 Uhr

Nun ist es schon wieder so lange her, dass ich hier etwas geschrieben habe und eigentlich habe ich überhaupt keine Lust, das jetzt zu tun. Es liegt einfach daran, dass ich einfach  nur diese schmerzfreie Zeit genießen will. 
Noch nie in den letzten 2 1/2 Jahren ging es mir so gut. Es ist einfach nur fantastisch. Ich schlafe gut, habe überhaupt keine Schmerzen, die Lichtempfindlichkeit ist zurückgegangen und so ganz langsam kehrt die Normalität zurück.

Ich glaube, niemand kann es mir verübeln, wenn sich mein Leben und meine Gedanken einmal nicht nur um mein Auge dreht. 

Am vergangenen Donnerstag hatte ich einen Kontrolltermin in der Universitätsklinik. Beim letzten Besuch, eine Woche vorher, hatte sich herausgestellt, dass das Transplantat Bläschen bildet und es Richtung Abstoßung ging. Nun am letzten Donnerstag hatte ich gehofft, aber irgendwie nicht erwartet, dass es heißen würde:"Alle sieht prima aus und das Transplantat verhält sich gut." Besonders, da ich extra eine Augencreme (50% Glukose & 50% Kortison) bekam, die ich extra in der nächsten Großstadt kaufen musste. 

Leider war das Ergebnis nicht wie erwartet. Vermehrte Bläschenbildung! Als meine Tochter dann drängend nachfrug, bekamen wir auch die Antwort, die wir beide bereits befürchtet hatten. Das Implantat wird sich nicht mehr regenerieren und ich steuere auf die nächste, dritte Transplantation zu. 

Aber was soll es, ich habe keine Schmerzen und mir geht es gut. Also werde ich die Zeit genießen, so ganz ohne Schmerzen. Und was kommt, das kommt ... egal ob ich mich jetzt sorge oder nicht. Und dann ... dann ist immer noch Zeit sich Sorgen zu machen.