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Samstag, 7. März 2015

Dem Auge geht es gut ... und mir?

Samstag, 07.02.2015 - 06.08 Uhr

Bereits seit 05.00 Uhr bin ich wach. Eine Zeit, die mir früher als fast unmenschlich vorgekommen ist. Um 05.00 Uhr aufstehen? ... eine Quälerei. Aber  seit ich meine beruflichen Termine völlig selbst bestimmen kann, ist ein Wachwerden um 05.00 Uhr zwar nicht normal, aber akzeptabel. 

Anscheinend habe ich genügend geschlafen und stehe auf. Punkt. 

So still wie jetzt im Moment, ist es während der normalen Arbeitstage nur Mitten in der Nacht. Aber jetzt am Samstag ist es draußen so still, dass ich nur ab und zu einen Wagen erahnen kann, der vorbeifährt. Im Haus ist es noch stiller. Nichts ist zu hören. Das Lauteste ist mein Tippen auf der Tastatur und das Rauschen meines Computers. 

Wie immer und jetzt schon aus Gewohnheit, halte ich beide Augen geschlossen und lass meine Gedanken fließen. Draußen, von meinem Lieblingsbalkon aus, ist das einsetzende, morgenliche Vogelkonzert gut zu hören. An so einem Tag, an dem wenige um diese Zeit zur Arbeit fahren und der morgendliche Berufsverkehr ausbleibt, noch besser, als sonst. Dann komme ich mir vor, wie in einem Konzertsaal auf der Tribüne. Ich genieße einfach das kostenlose Konzert der Natur. 

Die vergangene Woche und besonders die letzten Tage waren beruflich für mich sehr erfolgreich. Aber was ist schon erfolgreich?! Erfolgreich im üblichen Sinne war ich vor der Augenerkrankung. Ein Termin nach dem anderen, Ideen wurden aus dem Ärmel geschüttelt, umgesetzt und als erfolgreich abgehakt. Zwar hatte ich keine 40 Stunden Woche, aber mit allen Vor- und Nachbereitungen waren es schon 40 Stunden. Ich liebte diese Arbeit in meinem schnellen Tempo. 

Nun sind für mich schon ein paar Termine in der Woche zufriedenstellend und erfolgreich. Aber ehrlich gesagt ... würde ich auch im Moment mein altes Tempo nicht schaffen. Und will ich das überhaupt noch?  Habe ich nicht (ich gestehe: erzwungenermaßen durch meine Augerkrankung) einen anderen Weg entdeckt ... mit mehr Muße, mit mehr Zeit meinen neuen Rhythmus zu finden? - Nun muss ich es nur noch schaffen, auf diesem neuen Weg genügend Geld zu verdienen, um davon zu leben. 

Wie sage ich doch immer so schön, Problem erkannt, Lösungskonzept erstellt und abarbeiten. Erledigt. 

Ich seufze einmal tief. So aktiv, wie ich das ansonsten angehe, ist es diesmal nicht. Diesmal stoße ich nur an und die Zeit trägt mich dahin, wohin ich soll. Es ist nicht ein aktives surfen, wie ich es sonst empfinde, sondern eher ein sanftes Dahinfließen. Es ist ein schönes Gefühl, getragen zu werden. ich weiß zwar nicht von wem oder was, aber es fühlt sich so an. Und das ist gut so.

Meinem Auge geht es gut. So fühlt es sich auf jeden Fall an. Ich kann keinen Unterschied zwischen dem gesunden und dem kranken finden, wenn ich mich auf beide konzentriere. Und dennoch bleibt die Angst, dass es sich wieder verschlimmern kann. Es mag sicherlich an dem letzten Gespräch in der Uniklinik liegen:"Wir steuern auf die nächste Transplantation zu. Eine Abstoßung der neuen Hornhaut lässt sich nicht aufhalten."

Morgens, so kurz nach dem wach werden, wenn ich emotional noch ungeschützt bin und mein Verdrängungsmechanismus noch nicht eingesetzt hat, überfallen mich die Gedanken an das Gespräch.

Es macht mir einfach Angst, daran zu denken, was auf mich noch zukommt und wie es werden wird. 

Ich versuche, sie zu verdrängen und meinem Galgenhumor Raum zu geben, um mich selbst und meine Angst zu entschärfen.

Der westfälische Ackergaul wird das schon schaffen.


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